Manchmal fehlen Antworten
Gerade bei schwierigen Kinderfragen, wenn das Unfassbare geschieht, die Gotte stirbt, die mitten im Leben stand, ein Elternteil oder das Nachbarskind – wenn also auch Erwachsene überfordert sind und keine Antwort haben, suchen selbst Eltern, die sich dem Glauben nicht verbunden fühlen, oft nach Antworten in der Religion.
«Bei den existenziellen Fragen der Menschheit – Wo kommen wir her? Wo gehen wir hin? Warum musste meine Schwester sterben? – wissen wir letztendlich nicht mehr als Kinder», sagt Pfarrerin Kindler. Religionen hingegen beschäftigten sich mit allen essenziellen Themen im Leben, deshalb sei es naheliegend, hier nach Antworten zu suchen. Allerdings gebe es teilweise einfach keine, «und das dürfen Mutter und Vater ihrem Kind auch so sagen: Ich weiss es nicht.» Wichtig sei, gleichzeitig zu signalisieren, dass es nicht schlimm ist, diese Fragen zu haben und zu stellen.
Doch wie stark sollen Eltern steuern, was Kinder glauben? Ist es ok, den Nachwuchs taufen zu lassen, selbst wenn Mutter und Vater sonst nie in die Kirche gehen? Ja, findet Kindler, schliesslich sei gerade nach etwas so Emotionalem wie einer Geburt das Bedürfnis gross, seine Dankbarkeit zu zeigen und ein Fest zu feiern. Dasselbe gelte auch für andere Übergänge im Leben wie etwa Hochzeiten oder Todesfälle, für die sich in allen Kulturen Rituale finden.
Viele Eltern, die mit Religion sonst nicht so viel am Hut haben, entscheiden sich aber noch aus einem weiteren Grund für die Taufe. Denn diese symbolisiert nicht nur «Das Kind ist willkommen», sondern auch «Wir – die Paten und Verwandten – wollen es begleiten, und etwas Höheres unterstützt uns dabei». «Was eine sehr schöne Zusage ist», sagt Andrea Kindler.
Die beeindruckendsten Taufen, findet die Pfarrerin, sind allerdings die von Jugendlichen – «weil sie es wirklich wollen und es eine bewusste Entscheidung ist». Von den als reformiert gemeldeten Kindern in ihrer Gemeinde besuchen etwa 50 Prozent den kirchlichen Unterricht, schätzt sie. Rund die Hälfte von ihnen entscheidet sich erst in der neunten Klasse für die Taufe. Bei Säuglingen und Kindern hingegen treffen die Eltern diese Entscheidung. Ob der Nachwuchs auch später bei diesem Bekenntnis bleibt, liegt dann nicht mehr in ihren Händen.