Monika Zech
Chefredaktorin von: 2005 bis 2010

«wir eltern»: Sie waren 5 Jahre lang Chefredaktorin von «wir eltern», was ist Ihnen am meisten geblieben aus dieser Zeit?
Monika Zech: Ganz klar das Team, so eine kollegiale und begeisterte Atmosphäre habe ich vorher und nachher nie mehr erlebt. Wir waren etwa acht Frauen und ein einziger Mann. Viele der Redaktorinnen waren alleinerziehend und alle waren Mütter. Wir wussten, worüber wir schrieben.
Was waren die grossen Herausforderungen für das Magazin in dieser Zeit?
Vor meiner Zeit war der thematische Fokus bei «wir eltern» sehr stark auf Schwangerschaft und Geburt. Es gab viele medizinische Artikel. Ich wollte dies ändern und der Erziehung und dem Familienleben mehr Platz einräumen. Und dann erstarkte in meiner Zeit auch die Konkurrenz aus dem Internet, die ihre Inhalte gratis und franko zur Verfügung stellte enorm. Namentlich die Webseite Swissmom.ch machte uns Sorgen, die jetzt ja zum gleichen Verlag gehört wie «wir eltern».
Wie war der Austausch mit den Leser innen?
Das Forum auf unserer Webseite war eine tolle Sache, es wurde intensiv genutzt. Für viele Mütter war das der Ort, um Gleichgesinnte zu finden. Auch Leserbriefe waren an der Tagesordnung, es bestand ein vertrautes Verhältnis mit der Leserschaft.
Welches waren die Aufreger-Themen dieser Zeit, Anfang der Nullerjahre?
Das Impfen war ein ganz heisses Eisen. Die Impfgegnerschaft war sehr gut organisiert und ziemlich radikal. Ich mag mich erinnern, dass wir eine Podiumsdiskussion mit einem Professor des Inselspitals abbrechen mussten, weil Impfgegnerinnen den Saal gestürmt hatten. Auch das Forum mussten wir zweimal abstellen, weil es zu übelsten schriftlichen Beschimpfungen kam.
Was war Ihnen besonders wichtig in der Berichterstattung über das Elternsein?
Ich wollte das unglaublich enge Korsett, wie eine gute Mutter damals zu sein hatte, aufschnüren. Wir haben viel über Vereinbarkeit und neue Rollen geschrieben. Einigen Leserinnen war das auch zu viel. Es hiess, wir würden das zu sehr pushen und die traditionelle Mütter und Vollzeithausfrau vernachlässigen.
Was hat sich seither für Eltern in der Schweiz verbessert?
Ich glaube einiges. Elternschaft ist heute viel vielseitiger. Gleichberechtigung in der Erziehungsarbeit kein frommer Wunsch mehr. Kinder in einer Krippe betreuen zu lassen, finden heute selbst die Bürgerlichen ok.
Und was ist schlechter geworden?
Ich kann das nur aus meiner Sicht als Grossmutter beurteilen. Was mir Sorge bereitet, ist dieser Perfektionsdruck. Nichts wird dem Zufall überlassen. Die Kinder, die Ehe, die Wohnung, die Ferien, alles wird ständig optimiert. Die Kinder sind zu einem Projekt geworden, in das 150 Prozent Energie hineingesteckt wird.
Was würden Sie heute anders machen?
Im Nachhinein würde ich mich mehr wehren gegen die Verlagsleitung, die es nicht immer gut gemeint hat mit diesem tollen Heft. Es war ein ständiger Kampf, weil wir vermeintliche Frauen- und Babythemen bedienten. Ich verdiente anfangs sogar deutlich weniger als die Herren Chefredaktoren von anderen Zeitschriften im gleichen Verlag und erfuhr das nur durch Zufall.
Was wünschen Sie «wir eltern» für die nächsten 20 Jahre?
Es bedarf einer grossen Anstrengung, in dieser Nische erfolgreich zu sein – damals und heute. Deshalb wünsche ich «wir eltern», dass die Chefetage der Redaktion die nötige Anerkennung und Unterstützung entgegenbringt, die es braucht, dass es dieses Magazin weitere 100 Jahren gibt.