Die Doula bei der Geburt
Beim ersten Vorgespräch für die zweite Geburt lassen sie zuerst noch einmal die Geburt von Selina Revue passieren. «Ich war überzeugt, dass es eine schöne, leichte Geburt werden wird», erzählt Carole Bohrer. Doch daraus wurde nichts. Die Geburt im Spital dauerte 30 harte Stunden.
Das Paar war froh um Martina Dolder, die während der ganzen Zeit bei ihnen war. Denn eine Doula kennt keinen Schichtwechsel, sie bleibt an der Seite der Frau, des Paares, bis das Baby da ist.
«Es ist gar nicht viel, was ich mache. Es sind kleine Dinge wie ein Glas Wasser bringen, beim Baden das Frotteetuch unter dem Kopf richten, Mut machen», so Martina Dolder.
Kleine Dinge, doch genau die können den Geburtsverlauf positiv beeinflussen. Sie hat Carole Bohrer getröstet und unterstützt, als diese nach 24 Stunden ohne Schlaf und Erbrechen im Zehnminutentakt einfach nicht mehr konnte. Als sie, entgegen ihren Vorsätzen, aus Erschöpfung eine Periduralanästhesie (PDA) verlangte.
Die Doula hat sich um den werdenden Vater gekümmert, hat ihm Tipps gegeben, wie er seine Frau unterstützen kann. «Man weiss ja im Voraus nicht, dass man hilflos dasteht, sich fragt, was um Himmels Willen man tun soll», so Dani Bohrer. Und wollte er eine Pause machen, «konnte ich das tun mit der Gewissheit, dass Martina für Carole schaut». Als Selina geboren war, zum Hochzeitslied ihrer Eltern, machte die Doula ein Foto. Als die kleine Familie versorgt war, ging sie.
Draussen nahm sie als Erstes ihre «Notnagel-Zigarette» aus der Doula-Tasche. Dann fuhr sie zu einer Freundin: «Kannst du mich in den Arm nehmen?» Auch die Doula war total erschöpft.
Die Doula hilft verarbeiten
Sie sind emotional, diese Erinnerungen. Alle haben Tränen in den Augen. Dass die schwere Geburt trotzdem als ein schönes und stärkendes Erlebnis in Erinnerung bleibt, sei der Doula zu verdanken, ihrer Anwesenheit und dem Nachgespräch nach der Geburt, sagen die Bohrers.
Doch eigentlich gehts heute um die Zukunft und die zweite Geburt. Und wieder hat Dani Bohrers Frau eine Idee, die ihm Kopfzerbrechen verursacht. Carole Bohrer möchte eine Hausgeburt. «Was ist, wenn was schiefläuft?»
Und dann das Thema Hygiene: «Ich weiss noch gut, wie das ausgesehen hat. Das Bett wäre ruiniert», moniert er. Er brauche Zeit, sagt er. Und sie: «Wenn Dani lieber keine Hausgeburt will, dann tun wir es nicht.» Nur eine Sache ist für beide indiskutabel. Die Doula. Sie könnten sich nicht vorstellen, ohne sie zu gebären.
Doula bei Kaiserschnitt
29 Geburten hat Martina Dolder begleitet. Die zweite Geburt der Bohrers wird ihre 30. sein. Die Doula begleitet Frauen und Paare bei Geburten in Spitälern, in Geburtshäusern und bei Hausgeburten, bei geplanten Kaiserschnitten und sie bleibt dabei, wenn ein Kaiserschnitt unter der Geburt nötig wird. Sie begleitet Singlemamis und Frauen, deren Männer nicht bei der Geburt dabei sein möchten. «Wichtig ist, dass die Chemie zwischen den Beteiligten stimmt», sagt sie. Zweimal hat sie einem Paar eine Kollegin empfohlen. «Es hat einfach nicht gepasst.»
Als Doula vom Beruf leben?
Martina Dolder hat sich 2007 zur Doula ausbilden lassen. Seit 2018 ist sie Präsidentin vom Verband Doula Schweiz. «Leben», sagt sie, «kann man von dieser Arbeit nicht». Die garantierte Präsenzzeit von einem Monat – zwei Wochen vor und zwei nach dem errechneten Geburtstermin – lassen nicht unzählige Engagements zu. Doula sein, sei mehr eine Herzensangelegenheit als eine lukrative Erwerbsmöglichkeit.