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«Es gibt ein Recht auf Nichtwissen»

Die neuen Gentests sind attraktiv: Ein kleiner Pieks, eine Blutentnahme, und schon weiss die Schwangere zu 99 Prozent, ob ihr Kind eine Trisomie hat. Medizinrechtlerin Andrea Büchler sieht Chancen und Herausforderungen in der pränatalen Gendiagnostik – und möchte ein weniger strenges Gesetz als der Bundesrat.

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«Es gibt ein Recht auf Nichtwissen»

Die neuen Gentests sind attraktiv: Ein kleiner Pieks, eine Blutentnahme, und schon weiss die Schwangere zu 99 Prozent, ob ihr Kind eine Trisomie hat. Medizinrechtlerin Andrea Büchler sieht Chancen und Herausforderungen in der pränatalen Gendiagnostik – und möchte ein weniger strenges Gesetz als der Bundesrat.

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Andrea Büchler (1968) ist Inhaberin des Lehrstuhls für Privatrecht und Rechtsvergleichung an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Zürich. Seit Anfang 2016 amtet die zweifache Mutter als Präsidentin der Nationalen Ethikkommission im Bereich der Humanmedizin. Als Mitglied eines interdisziplinären Forschungsteams hat Büchler die Studie des Zentrums für Technologiefolgen- Abschätzung mitverfasst: «Wissen können, dürfen, wollen? Genetische Untersuchungen während der Schwangerschaft», vdf (2016).

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Begriffe kurz erklärt

Bei der Präimplantationsdiagnostik geht es um Untersuchungen am Embryo, der im Labor erzeugt wurde.

Das Fortpflanzungsmedizingesetz, über das am 5. Juni 2016 abgestimmt wird, regelt u.a. wie viele Eizellen befruchtet werden dürfen, wie lange nicht eingepflanzte Embryonen zur späteren Verwendung eingefroren werden dürfen und welche Untersuchungen am Erbgut zulässig sind. Die Pränataldiagnostik umfasst genetische Untersuchungen im Rahmen der Schwangerschaftsvorsorge. Dazu zählen neben invasiven diagnostischen Verfahren, die genetisches Material des Embryos bzw. Fötus aus dem Fruchtwasser oder der Plazenta gewinnen und untersuchen, auch genetische Risikoabklärungen und nicht-invasive Pränataltests (NIPT). Bei einem sogenannten NIPT wird aus dem Blut der schwangeren Frau zellfreie DNA des Embryos oder Fötus aufbereitet und untersucht. So kann man genetisch bedingte Erkrankungen und Behinderungen des Embryos oder Fötus erkennen.

Gerade weil diese seit 2012 angebotenen, vorgeburtlichen Tests das Baby nicht gefährden, sind sie stark nachgefragt. Das Bundesgesetz über genetische Untersuchungen beim Menschen bestimmt, unter welchen Voraussetzungen genetische Untersuchungen im medizinischen Bereich durchgeführt, sowie unter welchen Voraussetzungen DNA-Profile zur Klärung der Abstammung oder Identifizierung erstellt werden dürfen. Das Gesetz ist seit 2007 in Kraft. Seit Abschluss der parlamentarischen Beratung ist im Bereich der Gen Tests viel passiert: So sind die Untersuchungsverfahren schneller, günstiger und aussagekräftiger geworden, und es werden viele Untersuchungen ausserhalb der vom Gesetz geregelten Bereiche angeboten. Das Gesetz wird deshalb einer Totalrevision unterzogen. Nach einem Vorentwurf und einer Vernehmlassungsrunde erarbeitet der Bundesrat aktuell eine Botschaft und einen definitiven Gesetzesentwurf. Dieser greift die technischen Fortschritte auf – etwa im Bereich der NIPT – und regelt genetische Untersuchungen neu umfassend. Das eidgenössische Parlament soll sich ab Frühjahr 2017 mit der Gesetzesrevision befassen.

Karen Schärer

Karen Schärer

Karen Schärer hat Anglistik, Skandinavistik und Medienwissenschaften studiert und sich danach zur Journalistin ausgebildet. Von September 2014 bis Mai 2022 leitete sie die Redaktion von «wir eltern». Der Familienalltag mit zwei Söhnen befruchtete stets ihre Arbeit – und umgekehrt.




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