Alle Menschen sind gleich wichtig und sollten darum gleiche Rechte haben, solange sie mündige Entscheidungen treffen können. Unabhängig von Geschlecht, Hautfarbe, Bildungsniveau oder sexueller Orientierung. Solange das nicht so ist, gibt es noch zu tun. Darum finde ich gut, wenn Frauen aufmucken. Genauso, wie ich gut finde, dass Homosexuelle für die Ehe für alle demonstrieren.
#NotAllMenArePigs
Zwei Aspekte lähmen meines Erachtens jedoch die Bemühungen um Gleichberechtigung: die Projektion und die Pauschalisierung. Männer, die sich angegriffen fühlen, weil Frauen sich über andere Männer beschweren, die sich daneben benehmen. Auch ich bin da schon in die Defensive geraten und hatte den Reflex, meine Geschlechtsgenossen zu verteidigen, weil #NotAllMenArePigs.
Doch genau das Gegenteil wäre richtig: den Frauen recht geben, wenn sie sich über sexistisches Verhalten von Männern beschweren. Sich empören, die Täter enttarnen und verurteilen, damit dieser Schlag von Männern endlich verschwindet.
Oder, der andere Fall: Frauen, die finden «ich bin nie diskriminiert worden und habe es trotzdem geschafft, Karriere zu machen, also kann das Problem ja nicht so gross sein». Auch sie müssten einsehen, dass sie nicht von sich auf andere schliessen können. Andererseits soll jede(r) Feminismus so verstehen können, wie sie/er will. Ach, es ist kompliziert.
Feministisch leben
Dass ich eigentlich schon recht feministisch lebe, war mir gar nicht bewusst. Für mich stand von Anfang an fest: Wenn ich Vater werde, dann ein richtiger. Der wickelt, kocht, Haare wäscht und Fingernägel schneidet. Das hat sich gelohnt: Meine Tochter sagt fast genauso oft Papi, wie sie Mami sagt.
Mir macht es nichts aus, dass meine Frau mehr arbeitet und darum auch mehr nach Hause bringt als ich. Und mir fällt kein Zacken aus der Krone, für die Hälfte des Haushalts verantwortlich zu sein.
Nachhilfe von der Frau
Etwas Nachhilfe hatte ich aber trotzdem nötig: Meine Frau musste mir erst mal erklären, worauf sie beruflich verzichtet, wenn sie schwanger wird. Und erst seit ich versuche, meinen Teil des sogenannten Mental Load zu übernehmen, sehe ich, an wie viel man mit einem Kind überhaupt denken muss. Aber ist es nicht auch sehr im Sinne der Gleichberechtigung, dass wir uns gegenseitig bereichern und weiterbringen? Ich finde schon.
Sowieso, die Bereitschaft dazuzulernen ist zentral. Mansplaining, Manspreading, Body Shaming, Victim Blaming – diese Begriffe haben mein Bewusstsein geschärft und mich dafür sensibilisiert, genauer hinzuschauen. Dabei habe ich gemerkt, wie oft die Phänomene hinter den Begriffen tatsächlich vorkommen. Ja sogar, dass ich selbst anfällig bin und vieles nie hinterfragt habe. Jetzt weiss ich, diese schwelenden Relikte des Patriarchats gehören ausgetreten.