Die grosse Freiheit auf 4 m²
Losreisen ohne Plan und immer genau da zu Hause sein, wo man gerade parkt – so machen Büssli-Ferien richtig Spass. Es dauerte allerdings seine Zeit, bis Autorin Tina Fassbind und ihre Familie so weit waren.
«Lass uns in diesem Sommer nur mit dem Minimum losfahren», schlug ich letzten Frühling vor. «Und keine Campingplätze! Einfach irgendwo hinstellen, Dach hoch, fertig.» Der Vorschlag kam bei allen so gut an, dass wir uns fragten, weshalb wir das nicht schon früher gemacht haben.
Aber früher, da war ich froh um fliessend Warmwasser, wenn eine Windel den Inhalt nicht zu schlucken vermochte. Da war ein Spielplatz ein Ort der Entspannung für uns Eltern. Oder ein Tisch vor dem Büssli Garant dafür, dass das Wageninnere nicht mit Brei und Farbstiften umgestaltet wurde. Und der Strom für den Kühlschrank, der irgendwie nicht mehr mit Gas funktionieren will, war auch ganz praktisch.
Kaffe und Popcorn-Pfanne
Inzwischen ist der Unterhalt der Kinder weniger aufwendig. Infrastrukturen braucht es keine mehr. Also stand unserer Reise mit leichtem Gepäck nichts im Weg. Schlafsäcke, Kleider und Badezeug im Heck. Im Schrank Cornflakes für den Neun- und den Zehnjährigen, Kaffee für die Eltern zum Frühstück, dazu eine Packung Spaghetti und Sauce, sollte uns im Nirgendwo der Hunger plagen. Natürlich musste auch noch die Popcorn-Pfanne fürs offene Feuer mit. Ohne gehts nicht mehr.
In fünf Schweizer Seen haben wir in diesem Sommer gebadet, uns in unzähligen Flüssen und Bächen gekühlt. Dazu ein Picknick am Ufer, in einem Waldstück oder am Wegrand einer Wanderung. Kochen? Nicht dieses Mal. Znacht gönnten wir uns im Restaurant – schliesslich fielen ja die Campingkosten weg.
Es waren die besten Ferien überhaupt. Einmal mehr. Denn eigentlich sind alle Reisen in unserem VW-Büssli Berta die besten. Selbst wenn es mal nicht rund läuft. Dann sind wir eben um eine Erfahrung reicher, über die wir später zu Hause im Trockenen herzhaft lachen können.
Wie beispielsweise jene, als wir unsere Wäscheleine wie eine gewaltige Wimpelkette über den ganzen Campingplatz spannen mussten, weil es in den Herbstferien nur einen richtig trockenen Tag gab. Oder als das Vordach in einer Sturmnacht hochgerissen wurde und die Zeltstangen, Orgelpfeifen gleich, flötend zu Boden krachten, sodass wir aus den Schlafsäcken schossen und mit dem ganzen Adrenalin im Blut nicht mehr einschlafen konnten.
Ein perfekter Sommertrip
In diesem Sommer aber war alles perfekt: das Wetter, die Stimmung, die Tour. Jeden Abend sind wir in entlegenen Bergtälern der brütenden Hitze entflohen. Immer ein anderer Ort, jeder schöner als der andere. Und weil wir uns nie ungefragt irgendwo zum Schlafen hingestellt haben, gab es nur freundliche Begegnungen: «Klar könnt ihr euren Bus dort hinstellen. Wenn ihr wollt, könnt ihr auch unsere Toilette und die Dusche da drüben im Stall benutzen.»
Kein Wunder, überkam uns die Wehmut, als wir Berta auf einem Wiesenstück neben einer Passstrasse für unsere letzte Nacht parat machten. Später – Oski schlummerte bereits selig in der oberen Koje, Paul lag unten im Bett mit offener Heckklappe – blickten mein Mann und ich noch ein wenig hoch zum Himmel. Die Sterne schienen in jener Nacht so nah, als könnte man sie vom Himmel pflücken.
Just in dem Moment, als wir mit einem Glas Wein auf die wunderschönen Tage anstossen wollten, huschte etwas Grosses lautlos über uns hinweg: ein Uhu auf seiner nächtlichen Tour. Als wollte er uns Adieu sagen. So etwas gibt es einfach nur im Hotel Berta. Die ganz grosse Freiheit auf vier Quadratmetern. Ich kann es kaum erwarten, bis wir mit ihr die nächsten Erinnerungen erschaffen werden.
Journalist Pablo Rohner war mit seiner Partnerin und dem fünfmonatigen Sohn fünf Wochen lang in Italien unterwegs. Hier folgen Pablo Rohners Erzählung und Fotos des Urlaubs im Büssli.