Konkubinat trotz Kindern
Gänzlich abraten von der Ehe würde der Luzerner Scheidungsanwalt Benno Gebistorf. Sein Buch «Das 11. Gebot – Du sollst nicht heiraten» erschien bereits in 3. Auflage: ein fulminantes Plädoyer gegen die eheliche Zwangsgemeinschaft. Die Ehe, erklärt Gebistorf, sei schlicht das gesellschaftliche Auslaufmodell des dritten Jahrtausends. Angesichts der hohen Scheidungsraten sei es naiv, einen lebenslänglichen Vertrag einzugehen. Die teuren Scheidungsprozesse würden zudem das Argument Lügen strafen, dass man mit einem Ehevertrag finanziell besser abgesichert sei. Freie, nichteheliche Partnerschaften würden eine viel leichtere Auflösung ermöglichen.
Ein Hoch also auf das Konkubinat? Heute warten tatsächlich selbst viele Eltern mit dem «Bündnis fürs Leben» noch ab, bis ein, zwei oder mehr Kinder geboren sind. Während 1980 bloss 1157 Eltern mit Nachwuchs im Schlepptau heirateten, waren es 2009 bereits 4581. Auch der Anteil lediger Mütter hat sich 2010 gegenüber dem Vorjahr um noch einmal 6 Prozent erhöht auf 14 800 (BfS).
Für viele ist die Ehe selbst mit Familienzuwachs keine Option. Zum Beispiel für Katja Wolf (37) und Pius Kraushaar (36). Sie leben mit ihrer Tochter Leni (5) in Zürich, in diesen Tagen kommt das zweite Kind zur Welt.
Jetzt sitzen Katja und Pius im urbanen Kafi «für Dich» im Stadtkreis 4 und erörtern die Gründe, weshalb sie bis jetzt unverheiratet geblieben sind. Trotz 12-jähriger Liebschaft. Trotz Kindern. Eine buchhalterische Rechtfertigungslitanei – Verheiratete bezahlen mehr Steuern! Heute lässt sich die Hälfte aller Ehepaare sowieso wieder scheiden! – liegen den beiden fern. Bis jetzt gab es einfach keine zwingenden Gründe, sich buchamtlich zu binden.
«Bevor die Kinder kamen, sprachen wir nicht übers Heiraten. Und als ich schwanger war, hätte ich keine Lust gehabt, auf dem Trockenen zuzugucken, wie meine Freunde feiern», erzählt Katja. Pius gibt ihr recht.
Statt also – wie einige ihrer Freunde – nach der Zeugung gleich aufs Standesamt zu rennen, meldeten sich Katja und Pius auf der Vormundschaftsbehörde. Dort galt es, die Vaterschaft anzuerkennen, das gemeinsame Sorgerecht zu beantragen und – etwas später – einen Unterhaltsvertrag zu erstellen.