Unter Eltern macht die Warnung die Runde, dass die Maske bei Kindern gesundheitsschädigend sei, weil bei jedem Atemzug zuvor ausgestossene Viren und Bakterien wieder eingeatmet würden. Was halten Sie davon?
Bakterien und Viren, die man ausatmet, hat man bereits im eigenen Körper. Diese können nicht durch Ein- und Ausatmen verstärkt werden. Aber mit der Zeit werden vor allem die FFP2-Masken, die sehr eng anliegen, für die Haut unangenehm.
Und was ist mit dem subjektiv empfundenen Sauerstoffmangel?
Das Maskentragen macht auch uns Erwachsene müde. Auch da kann ich Entwarnung geben: Studien bei schwangerem Gesundheitspersonal, das FFP2-Masken trägt, zeigen, dass die Sauerstoffsättigung keineswegs tiefer liegt als ohne Maske.
In einem Interview haben Sie einmal gesagt: «Ich bin eigentlich viel mehr ein Bakterienmensch. Viren finde ich furchtbare Erreger!» Können Sie uns Nicht-Medizinerinnen kurz erklären, was Sie damit meinen?
Als Infektiologin gibt es Erreger, die man vorzieht, und andere, die man weniger mag. Ich beschäftige mich lieber mit Bakterien, vor allem mit Antibiotika-Resistenzen, das ist mein Forschungsfeld. Bakterien finde ich deshalb spannender, weil sie mit uns leben. Wir sind also nicht mit Bakterien infiziert oder nicht infiziert. Bakterien, die Infektionen verursachen können, leben bereits in unseren Körpern. Bei Bakterien funktioniert Isolation oder Contact-Tracing nicht – eben, weil man die Erreger ja überall ständig findet. Epidemien und Pandemien sind typischerweise von Viren verursacht. Deshalb sind sie für mich eine besondere Herausforderung.
Sind Kinderärzte und Kinderärztinnen eigentlich anfälliger für Grippe und Erkältung?
Normalerweise haben wir im Arbeitsalltag viel Kontakt mit entsprechenden Erregern. Wir erhalten über die Zeit aber eine gewisse Immunität. Im Moment sind wir wegen der Coronaschutzmassnahmen jedoch etwas weniger betroffen.
Noch ein paar Tipps und Infos für Eltern: Bei welchen Symptomen sollten sie mit ihrem Baby oder Kleinkind eine Kinderärztin aufsuchen?
Sobald es bei Fieber nicht mehr trinken mag, kaum pinkelt und die Eltern trotz fiebersenkender Mittel das Gefühl haben, der Allgemeinzustand des Kindes sei deutlich reduziert, lohnt es sich, rasch mit dem Kinderarzt – zunächst telefonisch – Kontakt aufzunehmen.
Paracetamol, Aspirin, Ibuprofen – wir alle haben stattliche Packungen an fiebersenkenden Arzneimitteln zu Hause. Wie sorglos können wir Kindern diese verabreichen?
Man soll sich an den Beipackzettel halten oder an das, was die Ärztin sagt. Das Fieber sollte erst dann gesenkt werden, wenn das Kind stark eingeschränkt ist.
Wie misst man beim Kind Fieber nun am besten: im Ohr, unter der Zunge, im Po?
Bei Säuglingen rektal, später im Ohr. Das soll altersangepasst gemacht werden. Ältere Kinder wehren sich vermutlich gegen die Messung im Po. Zu Recht – und sie ist auch nicht besser.
Ist das Inhalieren von Wasserdampf bei verhockten Nasennebenhöhlen angesichts Covid-19 noch angebracht?
Coronaviren verbreiten sich ja auch über Aerosole ... Wenn ein Kind gerne inhaliert, spricht nichts dagegen. Die Tröpfcheninfektion geht ja vom Patienten aus und nicht vom Dampfbad. Soweit ich weiss, gibt es aber keine Forschung dazu, vielleicht ändern sich ja auch diesbezüglich die Empfehlungen wieder.
Verraten Sie uns Ihr Lieblingshausmittel: Wie pflegen Sie Ihre eigenen Kinder, wenn sie krank sind?
Ich halte mich an TLC! Das ist das englische Kürzel für «Tender – Loving – Care». Zu Deutsch so ungefähr: liebevolle Zuwendung. Ich gehe dann jeweils nicht arbeiten und versuche, auf die Bedürfnisse der Kinder einzugehen. Wenn sie schlafen wollen, schlafen sie, wenn sie spielen wollen, spielen sie. Wenn sie nichts essen mögen, ist das nicht schlimm. Nur genug trinken müssen sie!
Das Interview erschien zuerst in der November-Ausgabe 2020 von «wir eltern».