Nun befinden wir uns aber nicht mehr am Anfang des Holozän, sondern haben uns zu einer modernen Gesellschaft entwickelt, die nicht mehr auf diese Rollenverteilung angewiesen ist (auch wenn sie sich in vielen Fällen leider immer noch lohnt). Sobald das Kind die Brust nicht mehr braucht, können Väter genauso wichtig sein wie Mütter. Wie ist zu erklären, dass selbst dann vor allem die Frau unter dem Mental Load leidet?
Ich denke (und behaupte), wir Männer können besser mit dem Umstand umgehen, für einmal nicht alles perfekt zu machen. Ich bin zum Beispiel ein geborener Prokrastinierer; Lästiges kann ich so lange aufschieben, bis es dringend ist und schlicht gemacht werden muss. Andererseits beherrsche ich das Priorisieren: Je mehr Baustellen es gibt, desto besser fokussiere ich mich auf das Wesentliche. Die Wäsche hängt trocken am Ständer mitten im Wohnzimmer, die Ecken sind voller Staubmäuse, Altpapier müsste gebündelt werden? Das kann warten, manchmal ist eine Pause wichtiger. Man könnte auch sagen: Wir Männer sind die besseren Egoisten.
Ich habe den Eindruck, Frauen bürden sich sehr viel auf – vielleicht weil sie nach Jahrhunderten der Unterdrückung das Gefühl haben, sie müssten beweisen, gleichwertig zu sein. Jedenfalls halsen sie sich oft mehr auf, als sie bewältigen können. Das machen Männer meistens nur im Job. «Du willst zu viel» ist jedenfalls etwas, das meine Frau von mir oft zu hören bekommt.
Vielfach weiss aber auch die eine Hand nicht, was die andere leistet. Weil die Mütter viele Aufgaben übernehmen, die das Kind betreffen, bietet der weibliche Mental Load in Zeiten der Gleichberechtigung natürlich Gesprächsstoff. «Immer muss ich das Auto waschen» eignet sich da nicht derart gut als Mitleidsmasche. Fakt ist aber, dass das meiste rund um Auto, Abfall, Technik und Elektro fast immer von den Männern übernommen wird – ohne dass ein Hahn danach kräht.