Am Bettchen ihres Sohnes
Gemeinsam den Morgenkaffee trinken, ein kurzes Gespräch führen oder einfach den eigenen Gedanken nachhängen und in Ruhe essen – das klingt nach Alltag, ist aber ein Luxus im familiären Ausnahmezustand, der intritt wenn ein kleines Kind ins Spital muss. «Sich einfach nur dazusetzen, ohne etwas vorbereiten zu müssen, geniesse ich sehr», sagt Ute Zeller (35), die meist bis weit nach Mitternacht im gegenüberliegenden Spital sitzt. Am Bettchen ihres Sohnes Armon, der nachts um 23 Uhr erst so richtig wach werden will. Diese Gelegenheit nutzt sie, ihn zu stillen. Wenn sie danach zurückgeht zum Riegelhäuschen, brennt meist irgendwo noch ein Licht. Es gibt noch andere Menschen im Haus, die sich in ihren Betten hin und her drehen. Oder den Wänden des Zimmers entlang gehen, weil sie vor lauter Sorgen keinen Schlaf finden. Ute Zeller ist dann sehr dankbar, dass sie noch Milch abpumpen, etwas tun kann für ihr Kind. Besonders schätzt sie, dass sie und ihr Mann Simon (34) das Wochenende gemeinsam im Haus verbringen, zusammen essen können. 50 Meter von Sohn Armon entfernt. Und manchmal, wenn dann auch noch die eigenen Eltern dazukommen, sitzen alle zusammen auf dem Sitzplatz vor dem Haus, und in Ute Zeller steigt das Gefühl von entspannter Normalität auf, nachdem sie sich schon wochenlang sehnt.
Ute Zeller ist nicht die einzige, für die Normalität ein Wort ist, das Glück bedeutet. Da sitzt ein anderes Pärchen am Frühstückstisch, das nur das Allernotwendigste redet. Die beiden wollen niemandem in die Augen schauen. Sie wollen nicht erzählen. Niemand im Haus hat etwas von ihrem Kind erfahren, obwohl sie schon seit eineinhalb Wochen im Haus wohnen. Die junge Mutter macht einen sehr erschöpften Eindruck. Der junge Vater sagt mit verhaltener Stimme: «Es ist unser erstes Kind, es hatte keinen guten Start, es muss sich durchkämpfen. Man darf sich im Leben nie zu sicher sein, in keiner Situation.»