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«Trennung: Wie eine Entfremdung verhindert werden kann»

Eltern zur Zusammenarbeit zwingen? Damit macht man in Deutschland beste Erfahrungen.

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«Trennung: Wie eine Entfremdung verhindert werden kann»

Eltern zur Zusammenarbeit zwingen? Damit macht man in Deutschland beste Erfahrungen.

Kinder sollen nach Trennungen bereits im Babyalter Kontakt mit beiden Elternteilen haben und, im besten Fall, von beiden Elternteilen betreut werden. Das belegen mehr als 50 internationale Studien. Trotzdem tendieren Gerichte und Behörden hierzulande dazu, hochstrittige Eltern über Monate oder gar Jahre hinweg Obhuts- und Besuchsrechtsfragen streiten und prozessieren zu lassen. Oft wird dann dem Elternteil, bei dem das Kind hauptsächlich lebt, das alleinige Sorgerecht übertragen. Angeblich, damit das Kind endlich zur Ruhe komme. Kinderarzt und Buchautor Remo Largo schreibt: «Durch ihre Passivität unterstützen Behörden und Gerichte jenen Elternteil, der mit seiner unkooperativen Strategie dem Kind schweren psychischen Schaden zufügt.» Der kanadische Professor Edward Kruk, Präsident des Internationalen Rats für gemeinsame Elternschaft, sagt: «Es ist ein Problem, dass eine Mehrheit der Psychologen und Rechtsexperten im hochspezialisierten Bereich der Entfremdung nicht oder nur wenig geschult ist.»

Laut Jürgen Rudolph, ehemaliger Richter am Familiengericht in Cochem (D), werden bei Gericht Kinder unangemessen behandelt: «Wird ein Kind strittiger Eltern angehört, muss es einen Elternteil verraten, das verursacht einen ungeheuren Loyalitätskonflikt. Und das ist Kindesmisshandlung.» Vor beinahe 30 Jahren hat Rudolph die «Cochemer-Praxis» eingeführt. Das Grundprinzip des Modells lautet: Beschleunigtes Verfahren (Verhandlung innert 14 Tagen plus vorgängiges Treffen von Eltern und Jugendamt) und interdisziplinäre Zusammenarbeit von geschulten Richtern, Anwälten, Psychologen und Fachleuten des Jugendamts. Alle Professionen haben ein gemeinsames Ziel: den Eltern zu einer Lösung zu verhelfen. Finden sie keine Einigung, werden die Eltern solange in die Beratung geschickt, bis sie eine Lösung finden. «Das Modell erwies sich als äusserst erfolgreich», so Jürgen Rudolph. Kritiker monieren den Zwang zur Mediation und das beschleunigte Verfahren, das an Gerichten grösserer Städte aus Kapazitätsgründen nicht umsetzbar sei. Dazu Rudolph: «Mit 50 Prozent der Elternpaare konnte bereits beim ersten Gerichtstermin eine Lösung gefunden werden.» Dadurch entfallen Folgeprozesse und es entsteht Kapazität für andere Fälle. Die Cochemer-Praxis wurde in diversen Familiengerichten in Deutschland übernommen und gewann landesweit an Anerkennung. Elemente davon wurden 2009 in das Familienverfahrensgesetz übernommen.

In Kalifornien wird die obligatorische Sorgerechts-Mediation seit den 1980er-Jahren erfolgreich durchgeführt. In Kanada, England, Teilen der USA und Australien werden mit entsprechenden Modellen ebenfalls gute Ergebnisse erzielt. Die Parlamentarische Versammlung des Europarats hat die Mitgliedsstaaten aufgefordert, die fachübergreifende Zusammenarbeit nach dem Vorbild der Cochemer-Praxis zu bevorzugen und strittige Eltern zur obligatorischen Beratung zu verpflichten. Zwar kennt man in der Schweiz entsprechende Mediationsangebote. Doch einer angeordneten Beratung steht man skeptisch gegenüber. Es gilt der Grundsatz der Freiwilligkeit.

Anita Zulauf

Anita Zulauf

Redaktorin

anita.zulauf@medienatelier.ch

Als Quereinsteigerin in den Journalismus schreibt Anita Zulauf erst für die «Berner Zeitung», die Migrationszeitung «Mix», nun bei «wir eltern» und als freie Journalistin bei dem Kulturmagazin «Ernst». Sie mag Porträts und Reportagen über Menschen-Leben und Themen zu Gesellschaft und Politik. Als Mutter von vier Kindern hat sie lernen müssen, dass nichts perfekt, aber vieles möglich ist.


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