Kleiner Check zu Beginn des gemeinsamen Nachmittags: Ranger Marco Lupi bleibt vor einer Informationstafel stehen und stellt kurz sicher, dass die Kindergruppe die Regeln kennt, die in diesem Naturschutzgebiet gelten: «Darf man die gelben Blumen hier pflücken?», fragt der 38-Jährige und zeigt auf das entsprechende Piktogramm. «Nein», antworten die Kinder im Chor. «Kann man das Brot, das man nicht fertig gegessen hat, den Enten füttern?» – «Nein!» – «Ein Feuer machen?» – «Nein!» – «Überhaupt nicht?» – «Nur an einer Bratstelle», ruft Yari (7).
«Ihr wisst ja megagut Bescheid», freut sich der Ranger. Die 6- bis 10-jährigen Buben und Mädchen sind bereits zum zweiten Mal als Junior Ranger unterwegs, heute aber das erste Mal mit Marco Lupi, der eben aus dem Vaterschaftsurlaub zurückkam. Noch ist man sich ein bisschen fremd. Doch beim Storchennest neben dem Naturzentrum stoppt der Ranger und erzählt, wie man früher glaubte, dass sich die Störche im Winter in Mäuse verwandeln und erst klar wurde, dass sie nach Afrika fliegen, als man vor 200 Jahren in Norddeutschland einen Storch mit einem afrikanischen Pfeil im Hals fand. Marco Lupi zeigt ein Bild vom Pfeilstorch, die Kinder staunen. «Wisst ihr, wie Störche schlafen?», fragt er jetzt. Schon balancieren die Kinder auf einem Bein, der gross gewachsene Mann ebenfalls, legen die Arme, also die Flügel, nach hinten. Kopf gesenkt und Augen geschlossen. «So stehen die Störche die ganze Nacht. Und schlafen!», sagt Marco Lupi. Wird ein bisschen wacklig, verliert das Gleichgewicht und verrät, dass Störche ein Gelenk haben, mit dem sie das hochgezogene Bein einhängen können. «Ahaaa!», rufen die Kinder und hüpfen fröhlich auf und ab; das Eis ist gebrochen.
Seit 2014 gibt es Ranger am Pfäffikersee
Das Gebiet rund um den Pfäffikersee im Zürcher Oberland steht seit 1948 unter Naturschutz. Dank seiner weitgehend natürlichen Seeufer, der angrenzenden Flachund Hochmoore ist es Lebensraum für unzählige Pflanzen und Tiere, darunter auch für viele stark bedrohte Arten. Gleichzeitig ist der Pfäffikersee mit seinem Schilfgürtel und dem traumhaften Blick auf die Alpen ein beliebtes Natur- und Erholungsgebiet für die Menschen. «Wasservögel, Zugvögel, Insekten, Pflanzen, Tiere und die Menschen – sie alle haben verschiedene Bedürfnisse», sagt Marco Lupi. «Doch weil der Platz beschränkt ist, geht ein Nebeneinander nur, wenn wir Menschen der Natur die Möglichkeit geben, sich ungestört zu entfalten.» Seit 2014 sind am Pfäffikersee im Auftrag des Kantons deshalb uniformierte Ranger*innen unterwegs. Ihre Aufgabe ist es, den Leuten beispielsweise zu erklären, weshalb sie sich aus Rücksicht auf Pflanzen und Tiere nicht abseits der gekennzeichneten Wege aufhalten sollen.
«In den meisten Fällen reagieren die Leute verständnisvoll», sagt Lupi. Der Umweltingenieur ist seit Anfang 2022 als Ranger am Pfäffikersee unterwegs. Nur ganz selten gebe es Konflikte, etwa wenn jemand darauf beharre, seine Wurst auf einem illegalen Feuer fertig zu braten. «Das muss man aushalten können – und freundlich bleiben», so Lupi. Wenn nötig, können Ranger auch Ordnungsbussen verteilen oder Anzeige erstatten.