Und wo sind die Frauen?
«Tatsache ist, dass Männer den Job eher nicht kündigen, falls nach der Geburt eines Kindes Teilzeitarbeit durch die Firma nicht gewährt wird. Frauen aber schon», sagt Regula Bühlmann, Zentralsekretärin vom Schweizerischen Gewerkschaftsbund SGB. Um Job und Kinder unter einen Hut zu bringen, werde dies von Frauen gesellschaftlich erwartet und sei akzeptiert. «Genauso gesellschaftlich erwartet wird nach wie vor, dass Männer die Haupternährer der Familie sind.» Die meisten der aktuell teilzeitarbeitenden Männer täten dies wahrscheinlich in einem 80-Prozent-Pensum und würden aus dem freien Tag den Papatag machen.
«Aber ich stelle jetzt mal eine ketzerische Gegenfrage», sagt Regula Bühlmann. «Anstatt dass wir Teilzeitarbeit für Männer ausbauen, sollten wir nicht besser in Richtung Vollzeitbeschäftigung gehen mit reduzierter Arbeitszeit von 35 oder gar 30 Stunden pro Woche? Mit gleichem Lohn vor allem in den Tieflohnsegmenten?» Das gäbe Zeit für Engagement in der Familie, sagt die Gewerkschafterin. Alle hätten etwas davon. «Vor allem auch die Frauen, welche aktuell oft im Tiefpensum-Bereich arbeiten, Kind und Haushalt schultern und den Anschluss an das Berufsleben und an die spannenden Jobs verpassen.»
70:70 wäre auch für die Wirtschaft ideal
Aber: Wollen Frauen überhaupt mehr arbeiten? Sind sie bereit für eine gleichberechtigte Rollenteilung? Wollen sie Männern mehr Anteil in der Kindererziehung und dem Haushalt überlassen und finanzielle Verantwortung ernsthaft übernehmen? Fakt ist jedenfalls: «Wenn Männer Väter geworden sind, erhöhen sie in der Tendenz eher ihr Pensum, auch weil Frauen nach der Geburt eines Kindes in vielen Fällen mehr Teilzeit arbeiten oder sich ganz aus dem Arbeitsmarkt zurückziehen», sagt Simon Wey, Chefökonom vom Schweizerischen Arbeitgeberverband.
«Für die Wirtschaft wie auch für Familien wäre es jedoch von Vorteil, wenn die Pensen von Männern und Frauen ausgeglichen verteilt wären.» So wäre beispielsweise eine Aufteilung von je 70 Prozent einer Konstellation von 100 Prozent für den Mann und 40 Prozent für die Frau vorzuziehen, so Wey. «Die Karriere- und Lohnchancen bei den Frauen verbessern sich, und der Wirtschaft stehen mehr Arbeits- und insbesondere Führungskräfte in höheren Pensen zur Verfügung.»
Es scheint, die Wirtschaft ist bereit für die Zukunft und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Jetzt müssen nur noch die Väter wollen. Und die Mütter auch.