Das tönt nun nicht nach einem Geheimrezept...
Wichtig ist, dass Sie das Kind seinem Alter entsprechend «abholen». Das ist ein weiterer Punkt der «Hedvig-Formel». Behalten Sie den Überblick über die Phasen, die ein Kind während seiner Entwicklung durchläuft. Nur dann sind Sie in der Lage, richtig mit ihm zu kommunizieren. Der dritte Schritt für eine sichere Bindung ist, Verständnis für die Gefühle des Kindes zu haben. Wenn es während eines Wutanfalls seine gemalten Bilder zerreisst, sagen Sie ihm nicht, dass es nicht wütend sein darf. Sagen Sie: «Du bist zornig, das ist in Ordnung. Was ist denn der Grund? Herzen zu malen ist schwierig, nicht?»
So einfach ist es aber nicht, ein Kind während seines Wutrauschs zu erreichen.
Währenddessen macht es keinen Sinn, etwas erklären zu wollen. Das hört es gar nicht. Das Gehirn eines kleinen Kindes blockiert schnell, wenn die Emotionen es übermannen. Sie können nur versuchen, die Situation zu beruhigen. Danach können Sie das Kind kurz darauf ansprechen und seine Antwort akzeptieren. Das wird ihm beibringen, dass es selbst auch akzeptiert wird und dass sein Verhalten nicht aus dem Nichts kommt.
Wie hat sich Ihre Haltung zum Thema Erziehung verändert, seit Sie Mutter sind?
Bevor ich meinen ersten Sohn bekam, hatte ich die Idee von einem wohlerzogenen Kind. Ich dachte, dass ich ihn formen könnte, weil ich viel über die Psychologie des Menschen weiss. Aber direkt nach der Geburt, mein Sohn lag auf meiner Brust, war mein erster Gedanke: Er ist bereits eine Persönlichkeit, ganz er selbst. Also versuchte ich herauszufinden, wie ich mit diesem neuen Menschen leben und ihm dabei helfen könnte, zu sein, wer er ist. Haben Sie Kinder?
Ja, eine vierjährige Tochter.
Sie Glückliche. Mit einer Vierjährigen müssen Sie sich nie die Frage nach dem Sinn des Lebens stellen. Sie halten ihn an der Hand.
Wir Eltern wollen gern alles anders machen als unsere eigenen. Und dann hören wir uns doch plötzlich an wie sie. Wie finden wir zu unserem eigenen Erziehungsstil?
Wir kommen alle an diesen Punkt, an dem wir unserem Kind etwas sagen, was wir so nie sagen wollten. Dass es sich nicht so mit Kuchen vollstopfen oder gefälligst seinen Pulli richtig herum anziehen soll, obwohl es stolz ist, weil es sich allein angezogen hat. Wenn man ängstlich, wütend oder traurig ist, verfällt man schnell in diese Automatismen. Geben Sie sich nicht die Schuld. Reflektieren Sie kurz: Was ist passiert? Wie hätte ich anders reagieren können? Sie können es besser machen, wenn Sie es nur zulassen.