Heute weiss man, dass diese Operationen sehr negative Auswirkungen haben können – auch wenn derzeit keine Studie beweist, dass daran nicht vielleicht das Schweigen und die Lügengeschichten drumherum es sind, die den Menschen letztlich so zu schaffen machen. In den meisten Fällen gibt es ausserdem keine medizinischen Gründe für eine Geschlechtsoperation.
Auch die Ärzte konnten Karin Plattner damals keine nennen. «Bloss gesellschaftliche Bedenken.» Das überzeugte sie nicht. Sie sagte den OP-Termin ab, nahm ihr Baby mit nach Hause und stellte sich darauf ein, der Welt zu verkünden, dass ihr Kind anders sei. Nicht nur ihrem Umfeld, auch Franziska selber musste sie erklären, was sie speziell macht. «Du hast das Glück, dass du selber wählen darfst, was du lieber sein möchtest.» Weder Lehrer noch Freunde reagierten je negativ auf Franziskas Intersexualität, im Gegenteil. «Damit ein Kind gemobbt wird, braucht es nicht intersexuell zu sein. Andere sind dick oder tragen eine Brille oder haben exzentrische Eltern.» Die heutige 13-Jährige hat keine Probleme, Freunde zu finden, sie ist ein aufgeschlossener Teenager. Franziska weiss, dass sie keine Kinder haben wird. Vielleicht wird das zum Thema, wenn es darum geht, einen Partner zu finden. Doch auch hier: Andere haben auch Probleme. «Diesen Weg muss sie gehen. Das kann ihr niemand abnehmen.» Karin Plattner klingt wie eine vernünftige Mutter, die ihr Kind ziehen lassen wird, wenn der Zeitpunkt gekommen ist. Und glücklich, Franziska so angenommen zu haben, wie sie ist.
Für Luca ist seine Intersexualität noch kein Thema, dafür ist er schlicht noch zu klein. Ob sich in der Pubertät hormonell etwas verändern wird, konnten Bianchis bis heute nicht in Erfahrung bringen. Auf die Frage, ob er vielleicht einmal sagen wird, «eigentlich bin ich ein Mädchen», bekam Silvia Bianchi als Antwort: «Machen Sie sich keine Sorgen, dass er schwul wird. Sie werden ihn ja nicht so erziehen.» Die gesellschaftlichen Schubladen scheinen noch lange nicht geschlossen.
**Name der Redaktion bekannt*