Kinder in der digitalen Welt begleiten
Auch für Philippe Wampfler, Lehrer und Experte für Neue Medien, ist die Begleitung ein wesentlicher Aspekt: «Kinder dürfen auch mit fünf einmal einen ganzen Film sehen an einem Abend, auch an einem Laptop oder einem Tablet, wenn die Eltern oder Geschwister dabei sind und das Kind emotional begleiten.» Und er ergänzt: «Begleitung ist der richtige Weg. Wer diese nicht anbietet, überlässt Medienpädagogik dem Nachbarskind, das dann die ersten Erfahrungen mit Games, YouTube-Videos oder Netzinhalten anleitet.»
Das bedeutet auch: Eltern müssen Kindern zuhören, ihnen Inhalte erklären und diskutieren. Genau hier sollten sich Eltern laut Erhebungen noch stärker bemühen: Während gemäss ADELE-Studie 2018 der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften fast alle Eltern auf Zeit- und Häufigkeitsbegrenzungen für die Mediennutzung ihrer Kinder setzen, achtet nur etwas mehr als die Hälfte auf die Inhalte, die ihre Kinder konsumieren.
Dabei wäre genau dies zentral, weil Kinder, abhängig von ihrer Entwicklungsphase, Medien völlig unterschiedlich wahrnehmen. So ist für Drei- bis Fünfjährige die TV-Welt durchaus Wirklichkeit. Sie können nicht erkennen, was auf dem Bildschirm real ist und was inszeniert.
Und wenn auf YouTube die jungen Zuschauer ungefiltert Zugriff auf weitere Videovorschläge haben und dort automatisch zum nächsten Video weitergeleitet werden, laufen sie Gefahr auf Inhalte zu treffen, die nicht altersgerecht sind und verstörend wirken.
Regeln zur Bildschirmzeit darf man biegen
Idealerweise begrenzen Eltern also die Mediennutzungszeit ihrer Kinder und begleiten sie beim Medienkonsum. Zeitlimits hinsichtlich des Umfangs der Mediennutzung geben den Kindern Halt und Orientierung. Doch müssen sie nicht unumstösslich sein. Verbringen Kinder genügend Zeit mit Offline-Aktivitäten, so sind Ausnahmen durchaus vertretbar.
Medienpädagoge Joachim Zahn sagt hierzu: «Wenn Kinder oder Jugendliche die Medien kreativ nutzen, so darf oder soll man Ausnahmen machen. Schliesslich kann man auf Handys und Tablets heute auch zeichnen, schreiben, Filme schneiden, layouten etc. Ausnahmsweise kann es auch mal sein, dass ein Kind in einem Game gerade an einem kniffligen Problem arbeitet. In solchen Situationen können Eltern den Problemlöse-Moment würdigen und ein Auge zudrücken.»
Trotz Zeitlimits, Regeln und Begleitung wird die Mediennutzung der Kinder kaum ohne jegliche Auseinandersetzungen stattfinden. Oder um es mit den Worten von Philippe Wampfler zu sagen: «Wenn ein Zwölfjähriger unbedingt noch eine Runde Fortnite spielen will, vergisst er das Zeitbudget. Dann braucht es immer eine Auseinandersetzung.»