Ganz ehrlich: Vor Luules Geburt hatte ich weniger Angst um eine radikale Reduzierung meiner jährlich 130 Opernund Konzertabende, auch keine um die einst 60 Restaurantbesuche, sondern ich fürchtete mich vor einem Qualitätsverlust des Essens zu Hause. Ich wollte ein gewisses Niveau halten, auch wenn ich rasch einsah, dass es einem Wunder gleichen würde, käme das Schweinsfilet jemals wieder rosa aus dem Ofen. Aber ich fürchtete mich in den ersten Wochen vor dem Pizza-Kurier, noch mehr graute mir vor der Tiefkühlpizza. Bei Freunden hatte ich gesehen, dass es mit der wachsenden Zahl an Kindern erschreckend rasch bergab ging mit der Qualität des eigenen Essens. Es kann doch nur Bequemlichkeit sein, behauptete ich, wenn Eltern über ihren Leon sagen: «Er isst am liebsten Penne mit Tomatensauce.» Radikaler ist nur Mia: «Sie isst immer Spaghetti ohne Sauce.» Der Beginn mit Luule war einfach. Sie schrie alle drei Stunden und wurde umgehend gestillt. Ich bewegte mich selbst um 3 Uhr nachts ein wenig, um zu zeigen, dass ich auch wach war, wünschte: «Guten Appetit !» Alles ging gut bis Monat 3, als es hiess: «Gib du ihr den Schoppen. Ich gehe arbeiten.» Aber ganz ehrlich, diese Prüfung I überstand ich mit Auszeichnung. Ich fand rasch Gefallen und war gerührt ab des quietschenden Trinkeifers von Luule.
Und dann der erste Löffel...
Monat 5 triumphierte ich bereits bei der Meisterprüfung: «Jetzt muss Luule beginnen, richtig zu essen», hiess es da. Ich ahnte, dass es nun schwieriger werden könnte, dass nun die Zeit gekommen war, die Sonntagshosen nicht am Werktag anzuziehen. «Viel Vergnügen !» wünschten die erfahrenen Freundinnen mit ihren vegan essenden Teenager-Kindern spöttisch und fügten an: «Gratulation, wenn sie einen viertel Löffel isst. »
Danke, sagte ich: Luule fand den Löffel nämlich umgehend ok. Der Apfel fällt eben doch nicht weit vom Stamm, jubelte ich innerlich. Aber, so viel Erfahrung hatte auch ich bereits in Kindererziehung gesammelt: Sag niemals «mein Baby kann schon ...» ! Luule ass jedenfalls Brei aus dem Glas und ich staunte in den Läden über die Originalität der Zusammensetzungen: In Italien gab es im Glas sogar Cavallo (Pferd), Agnello (Lamm) und Nasello (Seehecht). Die geschmacklichen Differenzierungen – so schien es mir beim Vorkosten – waren allerdings gelinde gesagt nicht sehr gross.