In letzter Zeit rede ich von mir oft in der dritten Person. Genauer: wenn ich mich an meine Tochter wende. «Gibst du dem Papi noch einen Kuss?», «Papi bringt dir grad etwas zu essen», «Papi hat jetzt keine Zeit». Wo ist das Ich geblieben? Irgendwie hat «der Papi» sich eingeschlichen und meinen Platz eingenommen, seit ich das Gefühl habe, meine Tochter verstehe langsam, was ich sage. Ich habe nicht den Eindruck, dass ich es von anderen Eltern oder Grosseltern abgeschaut oder davon gelesen habe, es hat sich schlicht so ergeben. Ist das normal? Ich bin verunsichert.
Auch wenn ich überzeugt bin, vorher kaum von mir in der dritten Person gesprochen zu haben – ausser manchmal scherzhaft: «Hunzi, geile Siech» – , die zweite Person habe ich sicher schon gebraucht. Immer dann nämlich, wenn ich jähzornig werde, sprich im Sport oder bei Computerspielen. Gelingt etwas nicht wie gewünscht, fluche ich «du Vollidiot», meine aber mich. Oder sage zu mir: «Mann, bist du unfähig.» Ein Reflex, keine Ahnung, warum ich das mache. Aber wenn ich das so von aussen betrachte, könnte es darum gehen, mich von den Fehlern oder von meinem Formtief zu distanzieren. Quasi: Das war der Deppen-Hunzi, Helden-Hunzi, jetzt bist du dran! Von dem her eigentlich noch clever und motivierend: kurz einen Schritt zurück machen – ach, das sind doch Tempi passati – wieder nach vorne schauen und Vollgas geben. Man könnte es aber auch als verlogen interpretieren, zumal ich die Schuld auf jemand anderen schieben will (auch wenn der andere wiederum ich ist… äh… bin).